21 février 2006

Theorie der Metapher (μεταφορά)

Landschaft als Metapher der Seele, Mondaufgang am Meer, Caspar David Friedrich, 1822




Die Metapher (griechisch μεταφορά - eigentlich die Beförderung, der Übertrag, der Transfer, von metà phérein - "anderswohin tragen") ist eine rhetorische Figur, eine Verdichtung, die der Verdeutlichung und Veranschaulichung dient. In dieser Art des Tropus erfolgt der Ersatz der Bedeutung eines Ausdrucks durch einen versinnbildlichten Ersatzausdruck.
Bei der Metapher werden zwei getrennte Sinnbereiche in einen ungewohnten, oft kreativen Zusammenhang gerückt. Metaphern sind zweideutig. Wenn man sie "wörtlich" (beziehungsweise die Wörter in ihren ursprünglichem, gewohnten Sprachgebrauch) nimmt, sind sie sozusagen falsch. Der "Fuß des Berges" hat natürlich keine Zehen. Es kommt jedoch auch vor, dass offensichtliche Wahrheiten metaphorisch sein können. "Geld stinkt nicht" würde mit hoher Wahrscheinlichkeit von niemandem wörtlich aufgefasst werden.
Metaphern fordern dazu auf, Ähnlichkeiten zu konstruieren. Man versteht eine Metapher, wenn es gelingt, mindestens zwei Gegenstände miteinander in Assoziation zu bringen. Das heißt, man sieht den einen Gegenstand sozusagen im Lichte des anderen (gleichzeitig verdecken sie einen Teil, das heißt sie haben Blinde Flecken).

Mit einer Metapher wird ein Ausdruck aus seinem ursprünglichen Zusammenhang genommen und in einem anderen Zusammenhang verwendet, das heißt es wird eine Bedeutungsübertragung vorgenommen. Es handelt sich dabei um den Vergleich zweier Bereiche, bei dem die Vergleichspartikel "wie" und die dem Vergleich zugrundeliegende Hinsichtnahme (tertium comparationis) fehlen, beispielsweise Das "Haupt" der Familie.
In der kognitiven Linguistik werden Metaphern als eine der wesentlichen Strukturierungen des Denkens angenommen (Lakoff/Johnson 1980). Diese Strukturen werden als 'konzeptuelle Metaphern' bezeichnet und vereinen einen Quellbereich sowie einen Zielbereich. Als Beispiel könnte 'Das Leben' (Zielbereich) 'ist eine Reise' (Quellbereich) genannt werden. Dieses Konzept vereint zahlreiche gängige metaphorische Ausdrücke (beispielsweise "Am Beginn des Lebens", "Lebensweg", "Stolpersteine" etc.). Metaphorische Kreativität ist demnach vor allem innerhalb der bestehenden Konzepte möglich. Recht analog ist die Terminologie von Harald Weinrich, der die Regularitäten der Bildlichkeit als 'Bildfelder' kennzeichnet, denen ein gemeinsamer 'Bildspenderbereich' und ein gemeinsamer 'Bildempfängerbereich' zugeordnet ist.

Zu den modernen Metapherntheorien zählen außer der kognitiven Linguistik auch die pragmatische Metapherntheorie und Coenens Theorie zum Analogieverhältnis der Metapher. Die pragmatische Metapherntheorie ist Teil einer pragmatisch orientierten Grammatik und gibt fünf Merkmale metaphorischen Sprechens an:

Die Metapher ist Teil einer Äußerung, untersucht wird ihre Stelle und Funktion im Kontext. Erkannt wird sie nicht aufgrund von Regeln, sondern kontextbezogen. Der kommunikative Sinn ergibt sich aus der Äußerungssituation heraus.

Die Metapher soll nicht auf ihr Wesen hin untersucht, sondern kann nur für den jeweils konkreten Zusammenhang erklärt werden. Über die Betrachtung des Metapherngebrauchs und deren Erklärung kommt man zur jeweiligen kontextbezogenen Bedeutung. Eine umfassende Beschreibung ist daher nicht möglich.

Die Metapher läßt sich nicht durch einen eigentlichen Ausdruck ersetzen (Mrs. Thatcher is a bulldozer.). Paraphrasen wie z.B. ein Vergleich können genauso unwahr sein.

Die Verwendung der Metapher liegt zwischen Kreativität und Regelgeleitetheit (Für eigene Fehler sind die Menschen Maulwürfe, für fremde Luchse.). Die Metaphernbildung greift auf konventionelle Verwendungsweisen zurück, die ursprüngliche Bedeutung bleibt im neuen Verwendungszusammenhang erhalten.

Das metaphorische Sprechen wird als kommunikatives Verfahren bewusst angewendet und enthält eine bewusste Doppeldeutigkeit. Durch den Interpretationsprozeß, der entsteht, weil Inkongruenz zwischen Metapher und Kontext herrscht, findet Interaktion zwischen den Sprechern statt. Der außergewöhnliche Wortgebrauch stellt so eine sinnvolle und aufschlußreiche Abweichung dar.

Einen anderen Ansatz verfolgt Coenen mit seiner These vom Analogieverhältnis der Metapher. Das Bilden von Metaphern wird bei ihm als motivierter Akt verstanden. Ein als Metapher verwendetes sprachliches Zeichen erscheint nicht in seiner Kernbedeutung (Denotation, von Coenen als "Theoretischer Anwendungsbereich" bezeichnet), sondern mittels ihm eigener Konnotation (dem sog. "metaphorischen Theoretischen Anwendungsbereich"). Dabei kommt es zu einem für den Rezipienten meist überraschenden Wechsel des Bildfeldes des sprachlichen Zeichens. Ein Bildfeld besteht nach Coenen aus einem Bildfeldbereich und dazugehöriger Positionsmenge. Zwei oder mehr voneinander verschiedene Bildfelder können mittels einer gemeinsamen Strukturformel (Analogiewurzel) verbunden werden. Eine Analogiewurzel ist dabei die Menge aller Beschreibungen, die eine Analogie begründen. Mittels dieser Stukturformel ist es möglich, die Elemente der Positionsmengen der teilnehmenden Bildfelder paradigmatisch auszutauschen und zu einer neuen Metapher zusammenzusetzen. Die Decodierung der Metapher erfolgt (sofern es sich nicht um eine "tote Metapher" = lexikalisierte Metapher handelt) über die Konnotation ihrer sprachlichen Zeichen. Der Empfänger bedarf daher zur erfolgreichen Decodierung nicht nur des Wissens um die Kern-, sondern auch um die Randbedeutung eines sprachlichen Zeichens.